Warum wir in der Grundschule digitale Technik einsetzen? Der sinnvolle Einsatz dieser Technik ermöglicht Gestaltungsvielfalt, dem oder der einzelnen und der Institution. Eine Schule mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit, strukturiert durch die Leitlinien der Montessoripädagogik, hat klare Bildungsziele. Diese sind im 21. Jahrhundert nicht realisierbar ohne digitale Technik. BNE wird häufig auf verantwortliches
Umwelthandeln reduziert, dabei zielt die „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ auf sehr viel mehr, sehr verschiedene Aspekte und Kompetenzen, die in der Summe eine friedliche und inklusive Gesellschaft fördern, die langfristig verantwortungsvoll mit den Ressourcen unseres Planeten umgeht. Der Einsatz digitaler Technik ist ein potentes Mittel, die sogenannten 21st Century Skills wie selbständiges Handeln und kritisches Denken einzuüben. Entsprechend sinnvoll ist ihr Einsatz in der Schule. Keine:r wird
zum Friedensbotschafter, die oder der GEGEN etwas ist. Aber wer versteht, wie eine Gesellschaft strukturiert ist und sich innerhalb der konkreten Strukturen engagiert, kann es werden.
Die Schulzeit diente früher der Vorbereitung auf eine überschaubare Arbeitswelt, in der auswendig gelerntes Faktenwissen ein guter Chancenindikator war. Heute kann Wiederholtes und auswendig Gelerntes an Maschinen ausgelagert werden. Konstruierendes und problemlösendes Denken und Handeln können Maschinen noch nicht, wobei die künstliche Intelligenz in Meilenstiefeln voranschreitet. Da die
gesellschaftliche Entwicklung im 21. Jahrhundert nicht denkbar ist ohne eine aktive Auseinandersetzung mit den Potenzialen und Erfordernissen einer digitalisierten Welt, muss Entsprechendes für das Lernen gelten. Im Vorteil ist heute, wer Verbindungen herstellen kann, „um die Ecke denkt“, sich passend mit Informationen versorgen kann und in Netzwerken agiert, bei all dem auch Fehler riskiert, und dadurch einen spannenden neuen Ansatz findet. Das sind keine Erkenntnisse von superinnovativen Leuchtturmschulen, Medienkompetenz ist fest verankert in den Rahmenlehrplänen der Länder, und das nicht erst, seitdem alle über Digitalisierung von Schule reden. Im letzten Jahrzehnt wurde öffentlich wahrgenommen, dass die private Nutzung digitaler Technik eben nicht zwingend Medienkompetenz, geschweige denn Medienmündigkeit erzeugt. Aber unterschätzt die private Nutzung nicht! Sie ermöglicht den Kindern, sich in Lebensrealitäten einzufühlen, das echte Leben nachzuspielen. Schaut euch an, was eure Kinder da tun und prüft, wie es sich in ihre analoge Realität überträgt.
In der Schule geht es zunächst darum, sich der Technik zu bemächtigen, Funktionsweisen von Hard- und Software zu durchdringen. Deshalb lernen Kinder schon in der Grundschule zu programmieren. Programme sind Algorithmen, also nichts anderes als eine logische Aneinanderreihung von Anweisungen. Diese Art des Denkens kann analog geübt werden. Digitales Denken fördern, heißt also nicht automatisch,
dass Kinder vor dem Bildschirm sitzen. Ein Kuchen gelingt, wenn wir den Abläufen des Rezepts folgen. Ein Ziel finden wir, wenn wir die Wegbeschreibung in die Realität übersetzen. Wer diese Logiken versteht, kann digital Agieren und im darauffolgenden Schritt die digitale Welt mitgestalten. Wir nutzen das Prinzip Parallel nutzen wir an der Schule (wenig und meist projektbezogen) ausgewählte Plattformen und Apps. Darüber hinaus bloggen, fotografieren, recherchieren und filmen wir. Meist ist die Nutzung digitaler Technik gekennzeichnet durch einen wunderbar bereichernden gemeinsamen Lernprozess zwischen Lehrer:innen und Schülerschaft. Medienbildung bedeutet aber auch und vor allem, den Blick hinter die Kulissen einzuüben. Dass die älteren Generationen unserer Gesellschaft ohne diese Medienkompetenz aufgewachsen sind, konnten viele in den letzten Jahren in der Kommunikation mit der Familie beobachten. Wer hat sie nicht, die lieben Verwandten, die ungefragt Kettenbriefe oder Memes verschicken, deren Zielrichtung nur für Geübte durchschaubar war? Heute kann jeder seine Meinung sagen, das ist gut, aber das macht es auch sehr leicht, falsche Behauptungen in die Welt zu setzen. Ein Gerücht verbreitet sich wesentlich schneller als eine kluge Idee. Früher brauchte eine Nachricht
einen Marktplatz oder eine Zeitung. Dank der Digitalisierung der Kommunikation können eure Kinder und wir alle heute weltweit kommunizieren, wir werden aber auch zunehmend mit der Problematik von Fehlinformationen und Cybermobbing kämpfen. Umso wichtiger, die Mechanismen früh zu erkennen. Da die Strategien in der digitalen Welt nicht anders funktionieren als in der analogen, können wir das in der realen Welt üben – in jeder Versammlung oder auf dem Pausenhof. Die Merkmale einer wirkungsvollen, digital: viral gehenden, Fehlinformation sind analog wie digital die gleichen (vgl. Theisen „Social Media-Cybermobbing):
– Es wird eine Behauptung aufgestellt, die uns emotional anspricht, uns traurig oder wütend macht.
– Die Behauptung wird ausgeschmückt mit einer fetten Überschrift, uns vertrauten Sprachbildern oder Fotos, die sie zu untermauern scheinen.
– Die Quelle ist Hörensagen.
– Das Wir-Gefühl wird gestärkt durch suggerierten Wissensvorsprung, die vermeintliche Exklusivität einer kleinen Gruppe
– Es gibt immer einen Schuldigen.
Warum funktioniert diese schlichte Taktik? Ganz einfach weil unser Gehirn auf emotionale Ansprache bestens reagiert, der Skandal schüttet eine Menge Hormone aus in unserem Körper. Er kocht dann fröhlich hoch. Selbst wenn wir es nicht glauben, verankert es sich. Bei einer ähnlich gelagerten Aussage scheint dann plötzlich etwas zusammenzupassen und das, was wir vorher noch ablehnten, wird möglicher.
Skandalisierung funktioniert so seit Jahrhunderten. Das Ergebnis ist ähnlich dem der „stillen Post“, etwas gehört, einen Teil dazu gedacht und das Ende hat nichts mit der Ausgangssituation zu tun. In der modernen Welt werden Nachrichten einfach um ein zigfaches schneller verbreitet und finden dadurch rasant schnell ein riesiges Publikum. Auch früher war schon besser dran, wer sich, anstatt auf dem Marktplatz zu lauschen, sein Wissen aus glaubwürdigen Quellen bezog und sich wissenschaftlicher Methoden bediente. Jedenfalls war damals wie heute die Chance für relevanten Erkenntniszuwachs höher. Es ist eben noch keine „freie Meinungsäußerung“, ein Gefühl hinauszuposaunen und auch nicht „kritisches Denken“, wenn man weiß, wogegen man ist oder wiederholt, was der Nachbar der Cousine gesagt hat. Eure Kinder werden nach ihrer Grundschulzeit wissen, wie Desinformationen entstehen und können Bild- und Textquellen prüfen. Sie lernen das an der Schule natürlich noch nicht in der ersten Klasse und sowieso nicht mit dem Zeigefinger. Es ist ein großer Lernprozess für alle, der sich von Jahr zu Jahr neu gestaltet.
Schule muss vorausschauend lehren, ohne konkret zu wissen, was den Menschen in 20 Jahren abverlangt wird. Sie muss also Kompetenzen schulen, deren Relevanz in einigen Fällen zunächst eine Behauptung ist. Ob Kinder eine erfolgreiche Schullaufbahn hatten, wird sich de fakto erst in der Zukunft, in der Rückschau zeigen. Ist der erwachsene Mensch in der Lage, neue Technologien zielführend zu nutzen, hat er Lösungsansätze für komplexe Probleme, kann er wertschätzend kommunizieren? Ist der junge Heranwachsende ein engagierter und verantwortungsbewusster Mensch geworden, der sich als Teil einer Gesellschaft wahrnimmt, die er mitzugestalten vermag oder steht er lieber auf dem „Marktplatz“ rum und wartet auf den nächsten Skandal? Ist er einer, der sich etwas traut, ohne „dagegen“ zu sein? Ihr habt euch für die Landweg- Schule entschieden, sie hat ein nachlesbares und hoffentlich nachvollziehbares Konzept. Ihr alle seid eingeladen, dieses an der Realität durch eine Hospitation, Beteiligung und Kommunikation abzugleichen.
Die Kernthemen Nachhaltigkeit und Montessori setzen uns eine klare Vorgabe: die Befähigung zu zukunftsfähigem Denken und Handeln.