Im letzten Schuljahr taucht mehrfach die Frage auf, warum Maria Montessori eine so große Bedeutung habe, sie sei ja nun auch schon 60 Jahre tot und im Konzept würden ja auch andere Pädagogen zitiert. Die in unseren Konzepten zitierten Lebenden, z.B. die Wilds, R. Largo, H.v.Henting , beziehen sich auf M.Montessori.
Ihr ging es darum, dass Kinder ihr eigenes Potential optimal entfalten können im physischen wie auch psychischen Bereich. Das ist der Wunsch eines jeden Elternteils. Sie leitete aus gründlichen Beobachtungen und Studien die Bezeichnung der sensiblen Phasen ab und entwickelte entsprechende Hinweise für die vorbereitete Umgebung, so dass das Kind sich nach seinem inneren Bauplan entwickeln könne. Inzwischen sind ihre Erkenntnisse durch die moderne Hirn- und Pädagogikforschung belegt worden. Alle Kinder, die sich entsprechend ihrer Entwicklungsphasen entfalten können, eint das Streben nach Selbstständigkeit, nicht zu verwechseln mit zielloser Bedürfnisbefriedigung. Selbstständigkeit erwirbt man durch aktives und selbstbestimmtes Tätigsein.
Um dies im Frieden mit einer Gemeinschaft zu ermöglichen, brauchen sie in ihren Lebensbereichen eine vorbereitete Umgebung, die
- zur Eigenaktivität animiert
- zum Entwicklungsstand passt
- in der emotionale Erfahrungen gesammelt werden können
Wichtiges Prinzip ist in allen Altersphasen, dass sie so gestaltet ist, dass die Kinder die Umgebung selbst in Ordnung halten können. Für jede Altersklasse muss sie allerdings anders aussehen:
0-3 Jahre
Anregungsmöglichkeiten für die Bewegung, Übungen zum Aufbau der Sprache (Rollenspiele, Leseecke…), wohnliche Atmosphäre, wechselnde Anregungen
3-6 Jahre
„Möbelkinder“, Gegenstände, welche die Kinder selbst bewegen können (kleine Möbel), tief hängende Spiegel und Bilder, viele Gegenstände, mit denen sie ernsthafte Arbeiten verrichten können (Tisch decken, Essen servieren, Gläser spülen, Waschen, Bügeln…)und Materialien zum Begreifen der Dimension der realen Welt (Größe, Länge, Farbe, Geruch…) also das Montessorimaterial, die Umgebung darf für diese Altersphase auf keinen Fall überladen sein
6-12 Jahre
in dieser Phase gilt „das Fenster zur Welt weit zu öffnen“, raus aus den Klassenzimmern, vor allem viele Ausflüge, Erkundungen, Hilfsmittel in Schulen sind die Kosmischen Erzählungen, gut sortierte Regale mit Grammatik- und Mathematikmaterialien, umfangreiche Auswahl an altersentsprechenden Sachbüchern
Während die 3-6jährigen hauptsächlich unsere erwachsenen Tätigkeiten und Arbeiten imitieren, gehen die 6-12jährigen auf eigene Entdeckungsreisen. Beides geschieht in sehr spielerischer Vorgehensweise.
Alle Forschungen zum Spielverhalten weisen darauf hin, dass das Spiel von entscheidender Bedeutung ist für die Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes. Spielen ist der Nährboden für den Auf- und Ausbau personaler und schulischer Fertigkeiten. (vgl. www.kindergarten.de/2100)
In der Montessoripädagogik werden diese altersentsprechenden Spiele und Tätigkeiten oft Arbeit genannt. Arbeit ist für Montessoripädagogen ein positiv besetzter Begriff, es ist nicht abgegrenzt vom allgemein als positiv anerkannten Begriff Spiel. Im Hinblick auf den Schulübergang ist die Fähigkeit vertieft arbeiten und/oder spielen zu können wesentliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Start. In seiner höchsten Form ist es die Polarisation der Aufmerksamkeit.
Beobachtet eure Kinder: Welche Verabredungen treffen sie, wie kooperieren sie, welchen Beginn, welches Ende hat das Spiel, vertiefen sie sich in ihr Spiel, welche Spielformen machen ihnen am meisten Freude, welchen Regeln folgt das Spiel?
Ein schulbereites Kind möchte an der Gemeinschaft Gleichaltriger aktiv teilnehmen, es will Rollenträger sein (Aufgaben übernehmen), es hat einen gut entwickelten Wortschatz, schreibt und kritzelt, zählt bis 20, rechnet in Alltagssituationen, zeichnet detailgetreu, ist zu einer interessengeleiteten Konzentration fähig, es kann aber auch schon Dinge erledigen, die keinen Nachahmungscharakter oder klassischen Spielcharakter haben, wie z.B. im Kreis sitzen und geduldig zuhören. Es kann sich anstrengen (auch bei nicht frei gewählten Tätigkeiten) und es kann sich aktiv entspannen. Es ist „ein Arbeiter“, in jeder Hinsicht neugierig und lässt sich ein auf Unbekanntes. Das sind allgemeine Standards, die auf die meisten Kinder in dieser Altersphase zutreffen, natürlich gibt es Ausnahmen.
Da die Kinder an unserer Schule auf die im Vorfeld beschriebenen Kompetenzen zurückgreifen können müssen, um eine befriedigende Freiarbeit zu erleben, ist die Verantwortung, die Entwicklungsbedürfnisse der jeweiligen Altersphasen zu kennen und die sensiblen Phasen beim einzelnen Kind zu erkennen, sehr hoch. In unserem Haus kann man aktuell sehr schön das Zusammentreffen der Altersphasen beobachten, z.B. zwischen den 6jährigen Kindern, die dem Kindergartenraum entwachsen und sich dementsprechend irritierend verhalten und den Schulkindern, die laut Montessori ganz besonders in der Altersphase zwischen 8-12 Jahren, ihre Moralität entwickeln.
Schüler können in der Regel, was Lernabläufe betrifft, zunächst eher positive Schulerfahrungen in stark angeleiteten Schulformen machen, weil sie ein bestimmtes Ergebnis in einem bestimmten Rahmen erledigen und darüber hinaus nicht auf ihre eigenen Gestaltungskräfte zurückgreifen müssen, jedenfalls nicht täglich. Gemessen wird der Lernerfolg am Durchschnitt. Das ist sehr entlastend. Kinder und Eltern, die unsere Schule vor Ablauf der 6 Jahre verlassen, wundern sich häufig, wie „leicht“ Schule sein kann.
In unserer Schulform gibt es diese Ergebnisorientierung und Aufgabenbegrenzung selten, aber es gibt immer Anforderungen an den Einzelnen, unter anderem die, Lösungswege zu entdecken und eigenverantwortlich zu arbeiten. Eigenverantwortlich handeln und eben doch Teil einer Gemeinschaft sein, das bedeutet eine hohe Anstrengungsbereitschaft zu haben und auch Kompromisse aushalten zu können. Das ist sehr anstrengend.
Kinder, die es gewohnt sind, stark angeleitet zu werden und Kinder, die ohne Regeln und Strukturen aufwachsen, haben es aus unterschiedlichen Gründen extrem schwer, sich in unserem Rahmen zurechtzufinden. Um dem ein wenig auf die Spur zu kommen und auch Hilfe in der elterlichen Begleitung des Kindes zu erhalten, findet am 9. Dezember ein Pädagogischer Elternabend zum Thema „Häusliche Begleitung im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Grenzen“ statt. Dazu haben wir auf bezugnehmend auf den Wunsch einiger Eltern Carola Behrend eingeladen. Sie wird eine kurze Einführung vorbereiten und steht dann zur Verfügung für eure Fragen zur eurer häuslichen Begleitung.