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Kinderhaus und staatlich anerkannte Grundschule
in freier Trägerschaft

Mein Haus, meine Familie, mein Kind – meine Gemeinschaft

Wenn wir uns als Landweg – Gruppe definieren, dann gehen wir davon aus, dass wir durch unsere unsere Kleinheit und Homogenität eine Gemeinschaft sind. Da lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen. Gemeinschaft ist „eine wechselseitige Verbindung von Personen…, die nicht ausschließlich (rational) zweckorientiert, sondern auch auf Zuneigung und innere Verbundenheit angelegt ist“ (bpb, Politlexikon). Im Rechtsgebrauch ist eine Gemeinschaft ganz einfach eine Vertragsgemeinschaft. Gemeinschaften können freiwillige und unfreiwillige Mitglieder haben, während z.B. Eltern in unserem Kulturkreis freiwillig Mitglied ihrer gegründeten Gemeinschaft Ehe sind, wird das Kind unfreiwillig Mitglied in seiner Familie. Es gibt Klassengemeinschaften, Schicksalsgemeinschaften, Notgemeinschaften, Zweckgemeinschaften… Und was sind nun wir? Was sind wir als Eltern, die einen Vertrag unterschrieben haben, als Teammitglieder, die miteinander arbeiten und als Kinder, für die schon der Start ins Leben in einer Gemeinschaft begann, die sie nicht gewählt haben? Was bedeutet es also, zusammen zu sein mit der vielleicht einzigen Gemeinsamkeit, dass Kinder gut begleitet werden sollten? Und gibt es für dieses „gut begleitet“ überhaupt ein gemeinsames Verständnis?

Hier in Baek treffen verschiedene Sozialisierungen zusammen, Frauen und Männer, Ost und West, Einheimische und Zugezogene, „Hippies“ und „Großgrundbesitzer“, …aber eben auch viele individuelle Biographien und Lebensentwürfe. Vor Ort müssen wir beantworten, wie wir die unterschiedlichen Biographien und die daraus resultierenden Herangehensweisen vereinen können,  so dass für alle eine gute Basis gegeben ist. Denn nein, das ist kein reines Dienstleistungsunternehmen und nein, das ist nicht messbare Leistung, die abgeliefert werden muss, wir gestalten das zusammen. Es geht um Qualität, um Wohlfühlen und um Stabilität.

Zunächst mal wächst ja Verständnis füreinander, wenn man sich in Klischees bewegt, weil Handeln dann vorhersehbar und dadurch einschätzbar wird. Im Flur der Schule kann man das gerade betrachten: Jungs sind stark, unordentlich, mutig, frech, und Mädchen sind zickig, hübsch, erpresserisch nett und wollen bestimmen. Sicher alles auch übertragbar auf Männer und Frauen. Menschen aus dem Osten sind  weltfremd (haben die ja nie gesehen), ganz und gar untauglich für demokratische Prozesse (woher auch mit Diktatur- Erfahrung), ungesund ernährt (hatten ja nischt), promiskuitiv (wees man ja, mit FKK und so), saufen zu viel (gab ja keine besseren Drogen) und unmodern

(ihr 20. Jahrhundert setzte erst 89 ein). Wessis sind ängstlich (mit der Mami zu Hause), arbeitsscheu (mussten ja nie), egozentrisch (gab ja keine Pioniernachmittage und Appelle an die Gemeinschaft), reden über Sachen, von denen sie keine Ahnung haben (haben sie ja in der Schule gelernt) und unlocker (hatten ja früher schon zu viele Versicherungen). Die Einheimischen haben keine Ahnung von städtischer Coolheit und die Zugezogenen haben keine Ahnung von einheimischer Treue. Die Hippies sind die heimlichen Dogmatiker und die Großgrundbesitzer die unheimlichen Pragmatiker.

Jenseits dieser Klischees, die in letzter Konsequenz eben auch nicht weiterhelfen, braucht es das ehrliche Interesse aneinander – oft benannt mit dem Begriff Vertrauen.

Vertrauen ist aber eher schon der nächste Schritt und in der Häufigkeit seines Einsatzes als Worthülse zuweilen missbraucht worden. Zunächst braucht es ein vollständiges Einlassen, auf das, was sich jeder von uns – bis auf die Kinder – tatsächlich ganz und gar freiwillig ausgesucht hat. Einlassen bedeutet, einen Prozess zu führen, der von Wechselseitigkeit geprägt ist. Wer glaubt, dass das ohne Ärger, Irritationen und Enttäuschung läuft, der irrt. Natürlich nur in dem Rahmen, den eine solche Bildungseinrichtung abruft und begleiten kann. Die Pädagogen sollten interessiert sein, die Familien kennen zu lernen, ihre Sozialisierung zu begreifen, Gesprächsangebote bereithalten. Mit dem Kind in eine Beziehung gehen zu wollen, heißt die Familie verstehen zu wollen. Eltern sollten sich ausgiebig und über das Konzept-Thesenpapier hinaus mit den Inhalten beschäftigen, weil das die einzig greifbare Materie in so einem Haus ist. Es hilft Kindern im Kindergarten- und Schulalltag, wenn Eltern Veränderungen und notwendigen Teamprozessen gelassen begegnen, wenn sie Gesprächsbereitschaft zur Verfügung stellen, aber den Kindern auch den Ort als ihren eigenen Erfahrungsraum lassen. Es hilft Kindern vor allem, wenn die Erwachsenen darum wissen, dass es in ihrer Verantwortung liegt, Vertrauen aufzubauen, dieser Prozess ist nicht delegierbar.

Wir widmeten in der Schule die letzten 2 Wochen dem Thema „Gefühle“, obwohl man ja glauben könnte, dass dies keiner Schulstunde bedürfte. Gefühle hat man oder hat man nicht, aber inwiefern sind die für ein späteres Leben (und „Schulstoff“ wird ja allzu gern auf ein späteres Leben überprüft) verwertbar? Es ist eine große, vielleicht die größte Sache in einer (Klassen-)gemeinschaft darüber nachzudenken, wer man so ist, was einen unterscheidet und wer man sein will. Und nicht jedes Kind kann ehrlich mit sich und anderen sein, mit seiner Trauer, seiner Wut und seiner Liebe, auch das braucht Übung. Wer sich kennt und mag mit Haut und Haaren, kann lieben, kann halten, kann loslassen.

Offenheit und Vertrauen sind keine Floskeln.  Wir sollten das vorleben, auch und vor allem die Pädagogen. Wer sich nicht einlassen kann, geht besser dahin, wo das gar nicht nötig ist. Wer nicht vertrauen kann, hat das möglicherweise als Kind in seiner kleinen Herkunfts-Zelle, der Familie oder Gemeinschaft, nicht gelernt. Im Interesse des eigenen Kindes wäre die Chance, das in so einem kleinen Rahmen neu zu lernen, durchaus nutzbar. Weil dann eine innere Freiheit wachsen kann, die mit Friedlichkeit einhergeht. Eure Kinder lernen so oder so von euch und von uns, egal ob wir das wollen. In einer Gemeinschaft kann das ein sehr schöner Prozess sein.